Windenergie in Skandinavien: Onshore-Potenziale nutzen

Onshore Windparks

Die Windenergie gilt als Schlüsseltechnologie für eine klimaneutrale Zukunft. Insbesondere in Skandinavien, mit seinen weitläufigen Landschaften und starken Winden, wurden in den letzten Jahren zahlreiche Onshore-Windparks errichtet. Dennoch zeigen aktuelle Analysen, dass viele dieser Anlagen hinter den Erwartungen zurückbleiben. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen für diese Leistungslücke und stellt Lösungsansätze vor, um die Effizienz und Rentabilität skandinavischer Windparks zu steigern.​

1. Technische und wirtschaftliche Herausforderungen

1.1 Technische Defizite bei neuen Turbinenmodellen

Ein wesentlicher Faktor für die schlechte Performance vieler Windparks liegt in der technischen Ausstattung. Insbesondere neue Turbinengenerationen mit größeren Rotorblättern und komplexeren Getrieben zeigen häufig unerwartete Ausfallraten. Probleme an Rotorblättern, Getrieben, Generatoren und Hauptlagern führen zu erhöhten Wartungsaufwänden und längeren Stillstandszeiten. Diese Komponenten wurden oft ausgewählt, bevor ihre Zuverlässigkeit unter realen Bedingungen ausreichend getestet wurde.

1.2 Unzureichende Wartungsstrategien und Vertragsbedingungen

Neben technischen Mängeln tragen auch organisatorische Schwächen zur Leistungslücke bei. Viele Betreiber verfügen nicht über die notwendigen Ressourcen oder Anreize, um technische Probleme zeitnah zu identifizieren und zu beheben. Zudem fehlen in einigen Fällen klare vertragliche Regelungen, die eine schnelle und kosteneffiziente Problemlösung fördern. Dies führt zu verlängerten Ausfallzeiten und erhöhten Betriebskosten.

1.3 Witterungsbedingte Einflüsse: Vereisung und Windschwankungen

In den nördlichen Regionen Skandinaviens sind Windparks häufig extremen Wetterbedingungen ausgesetzt. Die Vereisung der Rotorblätter kann zu erheblichen Energieverlusten führen. Studien zeigen, dass während starker Vereisungsperioden Produktionsverluste von bis zu 80 % auftreten können, was jährlich zu einem Verlust von über 20 % führen kann.
Quelle: https://dexterenergy.ai/news/icing-on-wind-turbines/

Zudem wurden in den letzten Jahren in Teilen Skandinaviens Windgeschwindigkeiten gemessen, die unter den langjährigen Durchschnittswerten lagen, was die Energieerträge weiter mindert.

2. Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

2.1 Negative Strompreise und Kannibalisierungseffekte

Die zunehmende Einspeisung von Windenergie führt in Skandinavien zu einem Überangebot an Strom, insbesondere während windreicher Perioden. Dies hat zur Folge, dass die Strompreise teilweise unter null fallen. In Schweden beispielsweise stieg die Anzahl der Stunden mit negativen Strompreisen von 30 im Jahr 2022 auf über 400 im Jahr 2023.
Quelle: https://www.nib.int/cases/has-the-nordic-baltic-wind-power-success-story-come-to-an-end?

Diese Preisvolatilität erschwert die wirtschaftliche Planung und kann die Rentabilität von Windparks erheblich beeinträchtigen.​

2.2 Unvorteilhafte Abnahmeverträge (Offtake Agreements)

Viele Windparkbetreiber haben langfristige Stromabnahmeverträge abgeschlossen, die sie verpflichten, bestimmte Strommengen zu liefern. Bei Produktionsausfällen, etwa durch technische Defekte oder ungünstige Wetterbedingungen, müssen Betreiber Strom zu hohen Marktpreisen zukaufen, um ihre Lieferverpflichtungen zu erfüllen. Dies kann zu erheblichen finanziellen Verlusten führen, insbesondere wenn die Marktpreise stark schwanken.
Quelle: https://www.energyconnects.com/news/renewables/2025/march/investors-learn-brutal-lesson-from-sweden-s-wind-farm-woes/

3. Lösungsansätze

3.1 Einsatz bewährter Turbinentechnologien

Einige Windparks in Skandinavien zeigen trotz der genannten Herausforderungen eine gute Leistung. Diese Anlagen setzen häufig auf bewährte Turbinentypen, die bereits unter realen Bedingungen getestet wurden. Der Verzicht auf neuartige, noch nicht ausreichend erprobte Technologien kann das Risiko technischer Ausfälle reduzieren und die Betriebssicherheit erhöhen.

3.2 Optimierung von Wartungs- und Betriebsstrategien

Durch die Implementierung proaktiver Wartungsstrategien und den Einsatz moderner Überwachungstechnologien können Betreiber potenzielle Probleme frühzeitig erkennen und beheben. Zudem sollten Verträge mit Turbinenherstellern klare Regelungen zu Gewährleistungen und Haftungen enthalten, um eine schnelle Problemlösung zu gewährleisten.

3.3 Integration von Eiserkennungssystemen

Um den Auswirkungen von Vereisung entgegenzuwirken, können Windparks mit Eiserkennungssystemen ausgestattet werden. Diese Systeme ermöglichen es, Vereisungen frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, wie etwa das Abschalten der Turbinen oder das Einsetzen von Enteisungstechnologien. Dies kann die Produktionsverluste während der Wintermonate erheblich reduzieren.

4. Zukunftsperspektiven

4.1 Diversifizierung der Einnahmequellen

Windparkbetreiber können ihre Einnahmequellen diversifizieren, indem sie beispielsweise Energiespeicherlösungen integrieren oder Power-to-X-Technologien nutzen. Durch die Speicherung von überschüssigem Strom oder die Umwandlung in andere Energieformen können Betreiber flexibler auf Marktbedingungen reagieren und zusätzliche Einnahmen generieren.​

4.2 Politische Unterstützung und Marktanpassungen

Die politischen Rahmenbedingungen spielen eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Windenergie in Skandinavien. In den letzten Jahren haben Länder wie Schweden und Dänemark bedeutende Schritte unternommen, um die Windenergie zu fördern und gleichzeitig die Herausforderungen des Marktes zu adressieren.​

Schweden: Ambitionierte Klimaziele und regulatorische Maßnahmen

Schweden hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu werden. Dieses Ziel wird durch das Klimaschutzgesetz unterstützt, das die Regierung verpflichtet, jährlich einen Klimareport vorzulegen und Maßnahmenpläne für jede Legislaturperiode zu erstellen. Diese gesetzlichen Vorgaben schaffen einen stabilen Rahmen für Investitionen in erneuerbare Energien, einschließlich der Windkraft. ​
Quellen: https://www.offshore-windindustrie.de/news/nachrichten/artikel-33917-schweden-beschliesst-klimaschutzgesetz

Trotz dieser ambitionierten Ziele gibt es Herausforderungen. Im November 2024 stoppte die schwedische Regierung Pläne für Offshore-Windparks in der Ostsee aufgrund von Sicherheitsbedenken. Solche Entscheidungen verdeutlichen die Notwendigkeit, politische Ziele mit anderen nationalen Interessen in Einklang zu bringen. ​
Quelle: https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Sicherheitsbedenken-im-Ostseeraum-Schweden-stoppt-Plaene-fuer-Windparks%2Cwindkraft1456.html

Dänemark: Pionier der Energiewende

Dänemark gilt als Vorreiter in der Nutzung erneuerbarer Energien. Bereits in den 1980er Jahren begann das Land mit dem systematischen Ausbau der Windenergie. Bis 2024 erreichte Dänemark einen Anteil von über 80 % erneuerbarer Energien amStromverbrauch, wobei die Windkraft eine zentrale Rolle spielt. ​
Ein herausragendes Projekt ist die geplante Energieinsel in der Nordsee. Dieses Vorhaben soll als Knotenpunkt für Offshore-Windparks dienen und bis zu 10 GW Strom erzeugen, genug für etwa 10 Millionen Haushalte. Die Energieinsel wird als kritische Infrastruktur betrachtet, wobei der Staat mindestens 50,1 % der Anteile hält.

Marktanpassungen und wirtschaftliche Anreize

Neben politischen Maßnahmen sind wirtschaftliche Anreize entscheidend für den Erfolg der Windenergie. In Schweden betonte der Windenergieverband die Notwendigkeit von mehr Genehmigungen und wettbewerbsfähigen Investitionsbedingungen, um das Ziel der Verdopplung des Stromsystems bis 2045 zu erreichen. ​
Quelle: https://www.windkraft-journal.de/2025/01/31/schweden-windkraft-stellt-neue-rekorde-auf-gemeinsam-auf-dem-weg-zu-einer-nachhaltigen-energiewende/208225

Dänemark plant, überschüssigen grünen Strom aus Offshore-Windparks zur Produktion von Wasserstoff zu nutzen und diesen nach Deutschland zu exportieren. Dieses Vorhaben erfordert den Bau von Elektrolyse-Anlagen und einem Wasserstoffnetzwerk. Allerdings kritisiert die Industrie die strengen Vorgaben und fordert staatliche Unterstützung zur Risikobewältigung. ​
Quelle: https://www.welt.de/wirtschaft/plus251786050/Energiewende-Grosse-Hoffnungen-auf-Daenemark-Dieser-deutsche-Traum-droht-jetzt-zu-platzen.html

Fazit

​Die Analyse der Leistungslücke bei skandinavischen Onshore-Windparks zeigt ein komplexes Zusammenspiel technischer, wirtschaftlicher und klimatischer Herausforderungen. Während neue Turbinengenerationen mit größeren Rotorblättern und komplexeren Getrieben theoretisch höhere Energieerträge versprechen, führen ihre unzureichend getesteten Komponenten in der Praxis häufig zu erhöhten Ausfallraten und Wartungsaufwand. Zudem beeinträchtigen extreme Wetterbedingungen wie Vereisung und schwankende Windgeschwindigkeiten die Energieproduktion erheblich. Wirtschaftlich gesehen führen negative Strompreise und unvorteilhafte Abnahmeverträge zu finanziellen Belastungen für Betreiber. Trotz dieser Herausforderungen gibt es Lösungsansätze: Der Einsatz bewährter Turbinentechnologien, optimierte Wartungsstrategien und die Integration von Eiserkennungssystemen können die Leistung verbessern. Politische Unterstützung und Marktanpassungen sind ebenfalls entscheidend, um die Windenergie in Skandinavien nachhaltig und wirtschaftlich erfolgreich zu gestalten.